Das am Universitätsklinikum etablierte nationale Register für erwachsene Patienten mit der seltenen aber gefährlichen hämophagozytischen Lymphohistiozytose, kurz „HLH“, war in diesem Jahr auch Thema auf der Jahrestagung der Amerikanischen Gesellschaft für Hämatologie (ASH) in Orlando, Florida:

Prof. Dr. Paul La Rosée, Studienleiter der Registerstudie, wurde eingeladen, auf der jährlich stattfindenden weltweit größten und wichtigsten Zusammenkunft der Hämatologen in den sog. „Educational Sessions“ einen Übersichtsvortrag zur Therapie der HLH zu halten. In der gleichen Sitzung hielten amerikanische Spezialisten, Prof. Carl Allen, Pädiater am MD Andersen Cancer Center, Houston, und Prof. Nancy Berliner, Direktorin der Abteilung für Hämatologie am Dana Faber/Harvard Cancer Center in Boston, Vorträge zur Krankheitsentstehung und dem klinischen Erscheinungsbild.

Bei dieser Erkrankung, welche bei Kinderärzten schon lange gut bekannt ist, in der Erwachsenenmedizin aber erst in den letzten Jahren in den Blickpunkt der Ärzte rückte, handelt es sich um eine schwere Entzündungsreaktion des Immunsystems mit allen Folgen, die einer Blutvergiftung gleichen: Schrittweises Versagen der Organe, des Knochenmarkes, der Leber, der Lunge, der Nieren und auch des Gehirns. Frühzeitig erkannt, gibt es wirksame Therapieoptionen, die gut, und vor allem schnell mit den Fachdisziplinen Intensivmedizin, Hämatologie, Gastroenterologie, Neurologie und Gastroenterologie abgestimmt werden müssen.

Prof. Dr. Paul La Rosée, der auch die „Focus Group of Adult HLH“ der Histiocyte Society leitet, gab in seinem Vortrag anhand von Fallbeispielen des Deutschen Registers einen Überblick über die verschiedenen Verlaufsformen und individuell anzupassenden Therapieoptionen. Um unwiederbringliche Organschäden zu verhindern, ist es vor allem wichtig, an dieses seltene Krankheitsbild, das insbesondere durch bösartige Erkrankungen und durch Infektionen ausgelöst wird, zu denken. Durch die Therapie wird das aus Kontrolle geratene Immunsystem gebremst und die zugrundeliegende Erkrankung gleichzeitig möglichst spezifisch behandelt.

Prof. Dr. Paul La Rosée und das HLH-Team beraten Deutschlandweit ärztliche Kollegen in der Diagnostik und Therapie der HLH. Dabei kooperieren sie mit den pädiatrischen HLH-Zentren in Hamburg und Freiburg, der Deutschen Sepsisgesellschaft, der Deutschen Gesellschaft für Internistische Intensivmedizin und Notfallmedizin, der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie und der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und medizinische Onkologie. Das HLH-Register wurde durch den Europäischen Sozialfonds über die Thüringer Aufbaubank mit Forschungsgeldern unterstützt.

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Abbildung: Die hämophagozytische Lymphohistiozytose (HLH) ist ein komplexes Krankheitsbild, verursacht durch eine abnorm überschiessende Immunreaktion. Diese Immunreaktion mit einem Sepsis-ähnlichen Verlauf tritt wegen eines angeborenen oder erworbenen Defektes der zellulären Immunsynapse zwischen zytotoxischen CD8+ T-Zellen und Zielzellen/Antigenen unterschiedlicher Grunderkrankungen (Infektionen, Tumorerkrankungen, Autoimmunerkrankungen) auf. Wegen einer übermässigen Abgabe von Botenstoffen (Zytokinen) durch T-Zellen und Makrophagen kommt es zum sog. Zytokinsturm mit den Folgen der Kreislaufinstabilität, Verschlechterung der Lungenfunktion, zunehmendem Versagen von Leber, Niere, Knochenmark und Gehirn. Die pathologisch aktiven Makrophagen verschlingen das eigene Blut („Hämophagozytose“), die zytotoxischen T-Zellen, angestachelt durch ständige Antigen-Präsentation durch dendritische Zellen, proliferieren in allen Geweben und führen dadurch zur Funktionseinschränkung (Organversagen).